1788 – während Frankreich unter Ludwig XVI. den Staatsbankrott erklärt und auf die Revolution zusteuert, nimmt im westfälischen Harsewinkel ein Haus den Gastbetrieb auf, der bis ins Jahr 2019 fortbestehen wird: das „Gasthaus Wilhalm“, das erst später diesen Namen trägt. Niedergang und Aufbruch, Ende und Neuanfang liegen oft nah beieinander. Das zeigt auch die Geschichte der Gaststätte: Das letzte Besitzerpaar hat das im Ortskern gelegene „älteste Gasthaus Harsewinkels“ 2019 aus Altersgründen aufgegeben. Die Stadt hat es erworben, unter Denkmalschutz gestellt und entwickelt es nun gemeinsam mit Kooperationspartnerinnen und Bürgerschaft zum Dritten Ort weiter.
Im „Wilhalm“ haben Chöre geprobt und Stammtische Heimat gefunden. Generationen von Geburtstagskindern und Hochzeitsgästen verbinden persönliche Geschichten und Erinnerungen mit diesem Haus, das einfach immer schon da war! Nicht umsonst heißt es, dass Harsewinkel um den Gasthof Wilhalm gebaut worden sei. Kultur und Begegnung hatten hier immer schon ihren Platz. Was liegt näher, als diesen besonderen Ort mit dieser Bestimmung weiterleben zu lassen!?
Kernideen für den künftigen Dritten Ort sind die möglichst breite Partizipation und vielfältige Nutzung des „Gasthauses der Kultur“. Kommunale Kulturangebote, z. B. der VHS und der Musikschule, sollen hier zusammengeführt werden; kulturellen Initiativen wie dem bereits kooperierenden Kultur und Bildungsverein e. V. (KuBI) wird die großzügige Fläche ebenso für Aktionen offenstehen wie auch der Bürgerschaft, Vereinen, privaten Gruppen und Menschen, die bislang eher wenig kulturell interessiert sind. Alle sind gleichermaßen eingeladen, den im Konzept nur grob fixierten Rahmen für das entstehende „Kulturwohnzimmer“ mit neuen Nutzungs- und Aktions-Ideen anzureichern und das alte Haus mit Leben zu füllen.
Projektträger: Stadt Harsewinkel
- startklar begleitet das Projekt im Rahmen des Förderprogramms „Dritte Orte – Häuser für Kultur und Begegnung im ländlichen Raum“ des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW
- Konzeptionsphase: 2020
- Umsetzungsphase: 2021 – 2023
Nutzungsbausteine
Zusammenführung von Angeboten der kommunal getragenen Kultur und Bildung wie Musikschule und Volkshochschule; Nutzungen durch Angebote und Veranstaltungen anderer kultureller Akteure; Aneignung durch bürgerschaftliches Engagement mit Entwicklung und Umsetzung neuer Angebote zur Bereicherung der kulturellen Landschaft in Harsewinkel
Titelbild: Stadt Harsewinkel
Angesichts des Bauzustands und Investitionsbedarfs setzt die Stadt als Initiatorin auf eine zweistufige Vorgehensweise für den neuen Kultur- und Begegnungsort. Für die Aufbauphase mit Probebetrieb werden die Räume mit einfachen Mitteln renoviert und notwendiger Veranstaltungstechnik ausgestattet.
Ins Machen kommen, lautet die Devise! Kultur- und Bildungsangebote von Stadt, VHS, Musikschule und KuBi werden ins „Wilhalm“ verlegt sowie für Einheimische, Vereine und Gruppen die Grundlagen geschaffen, sich den Dritten Ort mit eigenen Ideen anzueignen und auch kostenfrei zu nutzen. Im Probemodus geht es darum, Erfahrungen für den finalen Dritten Ort zu sammeln, neue Kooperationen mit Einheimischen für die langfristige Bespielung des Hauses einzugehen und nachhaltige Trägerstrukturen zu schaffen.
Mit dem Know-how aus der ersten Phase lässt sich im nächsten Schritt festlegen, welcher Bedarf an Räumen und Ausstattung besteht und das alte Gasthaus ab 2023 zum endgültigen Kulturort umbauen. Ein guter Mix aus kleinen und größeren (Mitmach-) Veranstaltungen soll Menschen jeden Alters, aber vor allem auch die junge Generation ansprechen, z. B. mit einem Barcamp für ein Jugend-Projekt, VHS-Kursen und Lesungen, Konzerten und Yoga; vielleicht wird sogar ein nostalgisches Kneipenquiz den Neuanfang des früheren Gasthauses Wilhalm als Dritter Ort begleiten.